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Wozu braucht ein Unternehmen interne Kommunikation?



Lohnt es sich, in interne Kommunikation zu investieren? Wie lassen sich Mitarbeiter motivieren und welche Rolle spielt Social Media? Christian Liepack, Geschäftsführer im Medienbüro am Reichstag, arbeitete mehrere Jahre für Air Berlin. Dort war er unter anderem als Leiter Interne Kommunikation für 8.000 Mitarbeiter verantwortlich. Um sich Ideen und Feedback einzuholen, nutzte er jede Möglichkeit, Mitarbeiter am Flughafen, im Flieger oder im Headquarter persönlich anzusprechen. Wie man interne Kommunikation im Unternehmen erfolgreich nutzt, verriet er Astrid Unverricht.

Die interne Kommunikation wird von Unternehmen oftmals recht stiefmütterlich behandelt. Warum ist interne Kommunikation aus Deiner Sicht wichtig?

„Interne Kommunikation ist deshalb wichtig, weil sie stark zur Mitarbeitermotivation beiträgt. Wichtig dabei ist aber, dass sie schon in guten Zeiten beginnt. Viele Unternehmen fangen erst dann an, wenn bereits eine Krisensituation eingetreten ist. Allerdings beobachte ich aktuell ein Umdenken. Unternehmen verstehen mittlerweile, dass ihre Mitarbeiter auch Werbebotschafter sind."


Das heißt, Investitionen in die interne Kommunikation zahlen sich für die Unternehmen aus?

„Richtig. Wenn ich als Mitarbeiter mein Unternehmen in der Öffentlichkeit positiv darstelle, dann hat dies einen größeren Stellenwert, als wenn ich das in einer gekauften Werbeanzeige verbreite. Mit der internen Kommunikation kann man es schaffen, Mitarbeiter zu einem Mit-Unternehmer zu machen und ihn so auch besonders wertzuschätzen."


Ist eine nachhaltige interne Kommunikation immer eine Zeit- und Kostenfrage?

„Das hängt vom Unternehmen ab. Im 20-Mann-Betrieb, in dem alle Mitarbeiter auf einer Etage sitzen, reicht vielleicht schon ein Schwarzes Brett und ein kurzes tägliches Meeting. In großen Unternehmen ist eine professionelle interne Kommunikation hingegen Pflicht und damit geht einher, Geld in die Hand zu nehmen."


Wie sollte das Verhältnis zwischen interner und externer Kommunikation Deiner Meinung nach sein?

„Beide haben ihre Berechtigung und sollten den gleichen Stellenwert haben. Essentiell ist auch: Zwischen interner und externer Kommunikation darf es keine Widersprüche geben.“


Was beinhaltet denn eine gute interne Kommunikation?

„Zunächst einmal informiert sie regelmäßig. Sehr wichtig für die interne Kommunikation ist auch ein Feedbackkanal. Die Mitarbeiter sollten die Möglichkeit haben, auf die Unternehmenskommunikation zu reagieren und ihre Meinung sagen zu können. Natürlich sollte ihnen auch zugehört werden. Gute interne Kommunikation bezieht ihre Mitarbeiter von Anfang an mit ein.“


Wenn die Stimmung im Büro erst einmal schlecht ist, was kann man mit interner Kommunikation machen, um das Verhältnis wieder zu verbessern?

„Dann sollte man auf jeden Fall die gemeinsamen Werte ins Gedächtnis rufen. Auch sollte den Mitarbeitern kommuniziert werden, woran gerade gearbeitet wird, was schlecht läuft und warum es schlecht läuft. Hilfreich ist immer der Dialog. Man darf nie aufhören, die Mitarbeiter miteinzubeziehen!“


Welche Werkzeuge interner Kommunikation kannst Du empfehlen?

„Heute gibt es ja sehr viele digitale Möglichkeiten wie das Intranet oder auch Apps. Man sollte sich vergegenwärtigen, dass gerade in großen Unternehmen viele Mitarbeiter gar nicht im Headquarter arbeiten und damit auch physisch weit weg von der Unternehmensleitung sind. Dann lohnt es sich, digitale Kanäle zu nutzen und den Mitarbeitern das Gefühl zu geben: Ihr seid im Team, egal wo ihr steht. Ihr gehört alle zusammen.“


Sollte jedes Unternehmen Social Media in der internen Kommunikation nutzen?

„Jedes Unternehmen sollte zunächst einmal eine Analyse machen: Was wollen wir erreichen und was wollen wir kommunizieren? Wie sind wir aufgestellt? In welchem Markt bewegen wir uns? In weiterer Instanz sollte man dann schauen: Ist Social Media für uns überhaupt relevant? Denn Social Media ist äußerst schnelllebig. Daher sollte man sich von einer Fachagentur beraten lassen, was es gerade auf dem Markt gibt. Ein großer Tipp ist auch: In der Analyse- und Planungsphase sollten die Betriebsräte und die Mitarbeiter von Anfang an miteinbezogen werden. Letztendlich sollte man nach dem Motto handeln: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“


Was genau sollte eine Unternehmens-App beinhalten?

„Man sollte auf jeden Fall Texte, Bilder und Videos einstellen können. Auch sollte die App Funktionen haben, mit denen ich liken, vielleicht disliken, eine Bewertung abgeben und antworten kann. Hier sind wir wieder beim Thema Feedback. Einige Firmen-Apps geben auch den Mitarbeitern die Möglichkeit, eigene Beiträge hochzuladen. Sinnvoll kann darüber hinaus ein Baukastensystem sein. Bei Air Berlin haben wir nicht sofort alles, was technisch machbar war, angeboten. Oft ist es besser, klein anzufangen und einzelne Funktionen nach und nach freizuschalten, um die Mitarbeiter nicht zu überfordern und immer einen gewissen Spannungsbogen aufrecht zu erhalten. Bei allen Spielereien, die eine App heute bieten kann, sollte nicht vergessen werden: Content ist King.“


Ist die Firmen-App ein reines Informationstool?

„Eine Firmen-App sollte eine Mischung aus Information und Unterhaltung sein, um die Identifikation mit dem Unternehmen zu steigern. Allerdings sollten die Themen sorgfältig ausgewählt werden. Eine Meldung über geplante Entlassungen zwischen idyllischen Urlaubsbildern bewirkt sonst das Gegenteil.“


Sollte den Mitarbeitern freie Hand gelassen werden oder sollten die genutzten Kanäle der internen Kommunikation moderiert werden?

„Sicherlich sollte es immer einen Administrator geben, der Posts und Kommentare prüft und im Notfall technisch in der Lage ist, unangemessene Beiträge auch zu löschen. Die darüber hinaus gehende Betreuung der Kanäle hängt davon ab, in welchem Stadium der internen Kommunikation sich ein Unternehmen befindet. Wenn ich ein Unternehmen bin, was jahrelang keine interne Kommunikation hatte und jetzt damit anfängt, dann sollte ich mit einer gewissen Skepsis rechnen. Die Mitarbeiter müssen erstmal sensibilisiert werden, den Mehrwert erkennen und sicherlich werden nicht alle Mitarbeiter eine App oder ein Intranet auf Anhieb gut finden. Interne Kommunikation ist ein Marathon und braucht immer einen langen Atem."


Sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern feste Regeln in der internen Kommunikation vorgeben?

„Die interne Kommunikation ist immer geprägt vom Leitbild des Unternehmens: Was darf ich und was darf ich als Mitarbeiter nicht? Wie weit geht das Vertrauen in die Mitarbeiter? Egal ob Forum, Intranet oder App: Für die interne Kommunikation sollte es immer eine Netiquette geben. Es muss klar sein, dass sich die Mitarbeiter in einem Raum bewegen, der nicht privat ist, dass es Spielregeln wie Toleranz und Respekt gibt und Mobbing nicht akzeptiert wird.“


Auch wenn die Digitalisierung immer weiter voranschreitet: Nicht jeder Mitarbeiter ist auch digital vernetzt. Welche anderen Möglichkeiten interner Kommunikation gibt es?

„Es ist wichtig, so viele Kanäle wie nötig, aber so wenige wie möglich zu bespielen. Sonst verlieren sich die Mitarbeiter. Klar ist: Man muss jedem Mitarbeiter die Möglichkeit geben, Informationen abzurufen, ob digital oder analog. Dies ist gerade bei Unternehmen mit einer großen Altersspanne und damit unterschiedlichen Kommunikationsgewohnheiten wichtig und hängt natürlich auch vom Arbeitsplatz ab. Eines meiner Lieblingsmittel ist die Mitarbeiterzeitung, auch als Printausgabe für mich immer noch die Mitarbeiterkommunikation schlechthin.“


Das klingt in der heutigen digitalen Zeit ja fast schon altmodisch!

„Aber sie wird nach wie vor sehr geschätzt. Viele Mitarbeiter nehmen sich eine Zeitung oder ein Magazin mit nach Hause und lesen es unglaublich gerne. Auch, weil es nicht nur um Nachrichten geht, sondern auch mal Mitarbeiter vorgestellt werden. Der Vorteil einer gedruckten Zeitung ist die Haptik. Der Nachteil ist allerdings, dass sie nie wirklich aktuell sein kann. Sie eignet sich eher für Reportagen, Interviews und zeitlose Berichte. Ich würde daher empfehlen, einen Kommunikationskanal zu nutzen, der sehr aktuell ist – also etwa eine App oder ein Intranet. Es gibt in diesem Zusammenhang auch schon gute Lösungen, die die Funktionen eines Intranets und einer App kombinieren. Darüber hinaus empfehle ich ein nichttagesaktuelles Medium wie zum Beispiel eine Mitarbeiterzeitung, die Hintergrundinformationen bietet.“


Das Problem von interner Kommunikation ist ja, dass immer das Risiko besteht, dass interne Themen auch an die Öffentlichkeit gelangen.

„Letztlich muss man natürlich wissen: Interne Kommunikation ist externe Kommunikation. Das ist ganz klar und das muss man den Mitarbeitern auch zu verstehen geben. Wenn dein Unternehmen börsennotiert ist, muss den Mitarbeitern klar sein, dass Du als Unternehmen gegenüber Deinen Shareholdern eine ganz andere Informationspflicht hast. Das kann dann leicht zur Frustration führen, wenn die Mitarbeiter erst aus der Zeitung von relevanten Ereignissen erfahren.“


Was sind die größten Fehler in der internen Kommunikation und wie lassen sie sich vermeiden?

„Hier gilt die Regel der Ersten Hilfe: Das Falscheste ist, wenn man gar nichts macht. Ansonsten ist es wichtig, authentisch und wahrhaftig zu sein, regelmäßig zu kommunizieren und die Mitarbeiter immer wieder abzuholen.“


Kamingespräche, Lauftreff oder Mitarbeiterfeste: Teambuilding hat viele Facetten

Um Mitarbeiter zusammenzuschweißen gibt es zahlreiche Anbieter von Teambuildingevents: Gemeinsames Kochen, Rätsel im Team lösen oder zusammen eine sportliche Herausforderungen meistern. Welche Maßnahmen sind Deiner Erfahrung nach sinnvoll?

„Das hängt einerseits von der Größe des Unternehmens ab und andererseits auch von der Firmenkultur und den individuellen Wünschen. Meine Devise lautet: Ausprobieren schadet nie. Man sollte erstmal Angebote machen und dann aus bestimmten Erfahrungen lernen. Was mögen die Mitarbeiter und was wollen sie machen? Es muss auch nicht immer ein kostspieliges externes Angebot sein. Wie wäre es, den CEO zum Lunch in der Kantine zu treffen oder einen Bereichsleiter beim Coffee Talk kennen zu lernen? Gut kommt bei vielen Mitarbeitern auch ein Job-Hopping an. Dabei gibt es die Möglichkeit, für ein Vierteljahr seinen Job mit einem Mitarbeiter aus einem artverwandten Bereich zu tauschen.“


Als Leiter der internen Kommunikation eines Unternehmens, das Insolvenz anmelden musste, hast Du den kommunikativen Supergau schlechthin erlebt. Wie ist es Dir gelungen, die Mitarbeiter von Air Berlin dennoch weiterhin zu motivieren?

„Da wir in guten Zeiten mit interner Kommunikation gestartet sind, konnten wir viele Mitarbeiter auch in der Insolvenzphase mitnehmen. Unsere interne Kommunikation wurde als glaubwürdig empfunden. Der Zusammenhalt in dieser Situation, die ja alle 8.000 Mitarbeiter gleichermaßen traf, war unglaublich stark. Wir haben das gleiche Schicksal geteilt. Das war ein toller Spirit.“


Verrätst Du uns Deine Lieblingskampagne der internen Kommunikation?

„Meine Lieblingskampagne bei Air Berlin war eine Shopping-Night für alle Mitarbeiter im Nike-Store in Berlin. Nur für die Air-Berlin-Mitarbeiter wurde dafür an einem Abend von 21 Uhr bis Mitternacht der Laden geöffnet und es gab 30 Prozent Rabatt auf den Einkauf. Dazu hat das Air-Berlin-Management Getränke an die Mitarbeiter verteilt. Natürlich kann man solche Events nicht immer überall machen. Das Schöne an der internen Kommunikation ist aber, dass Du weniger feste Regeln einhalten musst, sondern vieles machen kannst, was die Mitarbeiter sich wünschen.“


Wir haben jetzt viel darüber gesprochen, was die Unternehmensführung anbieten kann. Was können denn die Mitarbeiter von ihrer Seite zu einer gelungenen Kommunikation beitragen?

„Die Angebote annehmen, sich für das Unternehmen interessieren und es natürlich auch mitgestalten. Dabei dürfen und sollten sie kritisch bleiben und ihr Feedback geben.“

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